Wem kommt das Thema bekannt vor? Schon letztes Jahr diskutierten wir darüber, ob PRler und Kommunikatoren Social Media nutzen müssen. Jetzt ist der CEO an der Reihe: Muss er/sie im Social Web Präsenz zeigen? Meinungen gibt es viele. Eine Kleinigkeit wird aber gerne übersehen.
Wir diskutieren gerne, wenn es um neue Technologien und deren Einsatz oder Integration in die Kommunikation geht. Erst letztes Jahr sprachen Kommunikatoren darüber, ob der Umgang mit Social Media ein Muss ist. Für die jüngeren Berater sind die sozialen Netzwerke eine Selbstverständlichkeit. Für die erfahrenen Kommunikatoren sind sie Neuland – und manchmal auch überflüssig.
Sie sind aber schwer zu ignorieren. Und in vielen Branchen sind sie aus dem Kommunikationsmix nicht mehr wegzudenken.
Mittlerweile hat sich die Diskussion rund um Social Media verschoben: Es geht nicht mehr um die Kommunikationsabteilungen, sondern um die Menschen, die an der Spitze des Unternehmens stehen. Die CEOs.
Es gibt zahlreiche Studien, die belegen, dass CEOs nur selten auf Twitter und den anderen sozialen Netzwerken Präsenz zeigen. Und genau hier setzt die derzeitige Diskussion an: Können es sich CEOs überhaupt noch leisten im Social Web nicht zu kommunizieren?
Bei vielen meiner Kollegen löst das Fehlen von Kommunikation via Social nur Kopfschütteln aus. Es gibt aber auch Kommunikatoren, die weiterhin keinen Sinn in diesen Kanälen sehen und CEOs viel lieber beim Managen des Unternehmens sehen als in der Kommunikation. Betrachten wir die Diskussion und die einzelnen Meinungen etwas genauer.
CEO und Social Media: Das denken Kommunikatoren darüber
Die Diskussion kam eigentlich nicht aus dem Nichts. Viele Kommunikatoren hat sie trotzdem überrascht. Ausgelöst wurde sie von Jürgen Braatz. Er war von 2002 bis 2017 Vorsitzender der Landesgruppe Norddeutschland der DPRG. Er führt eine Agentur, die Kunden aus der Finanzdienstleistung berät. Ein Mensch mit sehr viel klassischer Kommunikationserfahrung. Aufgrund seines Kommunikationsbereichs kann man davon ausgehen, dass er nie viele Berührungspunkte mit der digitalen Kommunikation hatte. Dies spiegelt sich auch in seiner Meinung wieder.
Laut Braatz haben sich CEOs hauptsächlich ums Geschäft zu kümmern. Wenn sie Social Media Kanäle nutzen, zahlen diese Kommunikationskanäle nur auf den Geschäftsführer ein, aber nicht auf das Unternehmen – besonders dann nicht, wenn die Führungskraft das Unternehmen verlässt. Diese Gefahr besteht allerdings andauernd und nicht nur bei den Führungskräften. Mitarbeiter mit beachtlichem Einfluss auf Social Media verfügen über einen ähnlichen Einfluss.
Auch setzt Braatz Social-Media-Aktivitäten auf bloße Praktikantentätigkeiten herab – viele Praktikanten tun heutzutage weitaus mehr, als nur Kaffee zu kochen, Dokumente zu kopieren oder nur belanglosen Content zu erstellen. Angeblich hat ein CEO einfach nicht die Zeit, sich in diese Kommunikationskanäle hineinzudenken.
Den Erfolg von Social-Media-Aktivitäten macht Braatz abhängig von der Kommunikationsabteilung. Nur wenn diese Abteilung erfolgreich ist, ist auch der CEO mit seiner Kommunikation erfolgreich. Fehler kann man sich angeblich nicht leisten – aber sind es nicht genau diese Fehler, die beweisen, ob ein Unternehmen oder CEO, kommunizieren kann?
Bei der Behauptung, dass CEO nicht „social“ kommunizieren können, musste auch ich meine Augenbrauen hochziehen. Schließlich gibt es mittlerweile genügend gute Beispiele, die zeigen, dass auch CEOs im Social Web präsent sind – nicht nur auf Twitter.
Daniel Hanke: Bekannte Größen als Social-Media-Vorbilder nutzen
Die ersten Reaktionen und Gegenpositionen ließen nicht lange auf sich warten. Daniel Hanke, der Vorstand der Agentur Klenk & Hoursch ist und den Münchner Standort leitet, war anderer Meinung.
Für Hanke ist es selbstverständlich, dass der CEO kommuniziert. Denn der Kanal ist nur Mittel zum Zweck. Und wenn die Führungskraft geht, nimmt er nicht nur seine Social-Media-Kanäle mit, sondern auch viele andere Dinge – ein Risiko, mit dem das Unternehmen leben muss.
Laut Daniel Hanke sollten CEOs vor Social Media nicht zurückschrecken. Schließlich haben sie die Unterstützung durch die Kommunikationsabteilung. Viele Führungskräfte können also mit einer durchdachten Strategie und mit Begleitung durch ausgebildete Kommunikatoren an den Start gehen. Kein Grund also, Social Media nicht einmal auszuprobieren.
Individuelle Fehler sollten nicht gegen die Verwendung eines Kanals sprechen. Schlussendlich kann man aus ihnen lernen und es in Zukunft besser machen. Heutzutage wünschen sich immer mehr Menschen die Kommunikation zu anderen Menschen und weniger die Kommunikation mit einem Unternehmen oder einer Marke. Der CEO ist das Gesicht einer Firma und der Mensch, der im Namen der Firma mit der Zielgruppe kommunizieren kann.
Social Media ist besonders in Krisenzeiten wichtig. Im Social Web verbreiten sich zu schnell negative Gegenpositionen. Um da mitzuhalten, sollte ein CEO ebenfalls digitale kommunizieren. Nur so kann das Unternehmen seine Reputation auch im digitalen Bereich absichern.
Social-Media-Vorbilder wie beispielsweise Barack Obama und sein Kommunikationsteam zeigen, wie gute und erfolgreiche Social-Media-Kommunikation für CEOs aussehen kann.
Stephanie Tönjes: Social Media auch für CEOs ein Muss
Stephanie Tönjes, seit mehr als zehn Jahren in der Unternehmenskommunikation der Deutschen Telekom tätig, bringt die Ansicht der jungen Kommunikatoren zum Thema Social Media auf den Punkt: Der CEO sollte unbedingt Social Media nutzen.
Kommunikation gehört für Stephanie Tönjes zu den Hauptaufgaben eines CEO. Denn im Social Web überzeugen Menschen mit Authentizität am meisten. Die perfekte Spielweise für Führungskräfte.
Der geübte Umgang mit den sozialen Medien mag vielen CEOs fehlen, aber im Austausch mit digital Natives, können auch CEOs den Umgang lernen. Bei der Telekom funktioniert dieser Austausch am besten mit „Reverse Mentoring“: Junge Leute beraten den CEO in Sachen digitale Kommunikation – ich persönlich würde mir wünschen, dass mehr Unternehmen auf dieses Mentoring zurückgreifen.
Für Stephanie Tönjes verkörpert ein CEO das Unternehmen. Er ist Leitfigur für die Mitarbeiter und Bezugsperson für viele Kunden. Da kein Mensch mehr auf glattgebügelte Werbeparolen steht, ist es um so wichtiger, dass der CEO die Vision des Unternehmens vertreten kann – auch auf Social Media.
Egal, ob man online oder offline kommuniziert, am allerwichtigsten ist nach wie vor die Kommunikationsstrategie. Ohne sie kann kein CEO, kein Unternehmen und keine Kommunikationsabteilung erfolgreich kommunizieren.
#barcampDUS: Social Media sind kein Muss
Auch auf dem diesjährigen Barcamp in Düsseldorf wurde die Diskussion rund um den „Social CEO“ in einer Session aufgegriffen. Die Ergebnisse der Diskussion waren dabei weitaus neutraler als die Meinungen auf den Seiten des PRReport:
Für viele Teilnehmer ist Social Media eine Sache des Mindsets. Chefs lassen sich vielleicht zur Nutzung motivieren, aber eben auch nicht zwingen:
Außerdem braucht es für digitale Kommunikation Offenheit und den Willen, diese in der Unternehmenskommunikation zu integrieren. Nur wenn eine enstprechende Firmenkultur und Vertrauen gibt, kann das Unternehmen und der CEO erfolgreich im Social Web kommunizieren:
Social Media sind kein Muss. Worauf man allerdings nicht verzichten kann.
Social-Media-Kommunikation wird vor allem von jungen Kommunikatoren und jüngeren Zielgruppen bevorzugt. Aber zum Glück gibt es eine Reihen von CEOs, die Social Media für sich und ihr Unternehmen entdeckt haben – beispielsweise Tim Höttges oder Dieter Zetsche auf LinkedIn.
Die Nutzung von Social Media als Kommunikationskanal ist nicht nur an die digitale Affinität des CEO gebunden, sondern auch an der Firmenkultur und der Kommunikationsstrategie eines Unternehmens.
Ohne eine vorhandene Firmenkultur, die offen gegenüber dem Social Web ist, werden Kommunikatoren sehr viel Überzeugungsarbeit leisten müssen, um die Geschäftsleitung zu überzeugen – was nicht immer funktioniert.
Demnach sind Social Media für einen CEO kein Muss. Allerdings ist die Kommunikation ein Muss. Denn ein CEO verkörpert die Werte eines Unternehmens. Auch ein CEO kann also nicht nicht kommunizieren. Denn mit seiner Haltung und seinen Statements spricht er auch – wenn auch ungewollt – für das Unternehmen, für das er tätig ist.
Vielleicht sollten wir die Diskussion zu einem anderen viel wichtigeren Thema lenken: Wie muss die Kommunikationsstrategie aussehen, mit der ein CEO auf den für die Zielgruppe und die Stakeholder relevanten Kanäle erfolgreich kommunizieren kann? Erst, wenn die Strategie steht, sollte man sich Gedanken um die Kanal-Wahl machen. Denn ist es wirklich so wichtig, wo der CEO kommuniziert? Die Auswahl ist groß und beschränkt sich nicht auf digitale Kanäle. Es gibt auch Offline-Kanäle, die für Unternehmen weiterhin relevant sein können. In vielen Fällen ist es ein Kommunikationsmix, der den Unterschied macht.
Sollte ein CEO Social Media nutzen? Oder ist es Aufgabe der Kommunikationsabteilung über digitale Kanäle im Auftrag des Unternehmens zu kommunizieren?
Alle Beiträge zur Diskussion:
Warum der CEO nicht twittern sollte von Jürgen Braatz
Einfach mal Obama anschauen von Daniel Hanke
Warum der CEO Social Media nutzen sollte von Stephanie Tönjes
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