Es ist eine Diskussion der Extreme: Die einen sagen, PR-Profis ohne Social Media Profile sind peinlich. Die anderen halten dagegen, dass professionelle Kommunikatoren oft gar keine Zeit für eigene Kommunikation in den Sozialen Netzwerken haben. Wie auch immer man dazu steht: Medienkompetenz ist aufgrund heutiger Geschehnisse und der „Fake News“ Debatte eine der notwendigsten Kompetenzen – in allen Bereichen.

Auch die PR-Branche scheint an ihre Grenzen zu stoßen: Daniel Neuen, Chefredakteur des PR Reports, und Stephanie Tönjes, aus der Kommunikation der Deutschen Telekom, beklagen eine mangelnde Medienkompetenz vieler PRler im digitalen Bereich. Was ist dran an der Mangelware „Neuland Know-how“?

 

 

Mindestanforderungen für digitales Know-how

Laut Daniel Neuen kratzen sich einige Kommunikatoren, darunter auch PR-Chefs großer deutscher Unternehmen, am Kopf, wenn es um Themen wie Bots, Facebook Algorithmen oder das Zeichen-Limit von Twitter geht. Was die bösen Zungen in Daniel Neuens Kommentar erzählen lasse ich aus – Interessenten können diese Aspekte selbst nachlesen.

Ich teile jedoch die Meinung von Daniel Neuen:

 

Muss nun jeder PR-Profi Twitter, Facebook und Instagram aktiv nutzen? Sicher ist eine Mindestanforderung: Jeder muss die Mechaniken der sozialen Medien verstanden und verinnerlicht haben, der in diesem Beruf eine Zukunft haben will – denn sie sind Teil moderner Medienkompetenz, nicht nur wegen „Fake News“.

 

Ein Grundverständnis über die verschiedenen Aspekte digitaler Kommunikation und ein Grundwissen über aktuelle Trends in diesem Bereich ist unabdingbar, wenn man erfolgreiche digitale (Unternehmens-)Kommunikation betreiben möchte.

 

Fehlende Kenntnisse erlauben entsprechende Haltung?

Auf Plattformen wie Twitter, Facebook oder Instagram gekonnt zu agieren ist fast schon zu einer Kunst geworden. Wer sich wie ein Elefant im Porzellanladen verhält, verfügt schlicht und ergreifend nicht über die notwendigen Kenntnisse. Stephanie Tönjes hat vollstes Verständnis, wenn man erst allmählich in die digitale Kommunikation hineinwächst. Mit ihr wachsen sollte man aber unbedingt. Nur mit einer entsprechenden offenen Haltung kann Wissen angeeignet und auch umgesetzt werden.

Die Haltung, die Stephanie Tönjes erwähnt, hat bereits Philipp Schindera, Leiter Unternehmenskommunikation Deutsche Telekom, aufgegriffen. Auch er ist der Meinung, dass sich niemand – vor allem nicht Kommunikatoren – dem Thema Social Media widersetzen sollten. Die Digitalisierung hat bereits Einzug in die Kommunikation gehalten – ein Umstand, den man nicht ignorieren kann. Ein Bereich, der sich laut Schindera maßgeblich verändert hat, sind die klassischen Medien. Die logische Schlussfolgerung ergibt, dass man demnach auch die eigene Kommunikation an die neuen Gegebenheiten anpassen muss.

 

Ich glaube, man muss sich sehr viel stärker um seine Communities bemühen. Man hat mit sehr viel vielfältigeren Communities zu tun, als es bisher und in der Vergangenheit der Fall war, in der man seine 30 bis – je nach Größe des Unternehmens – 100 Top-Journalisten hatte, auf die man sich fokussierte.
Philipp Schindera

 

Statt sich auf vorhandenen Kontakten auszuruhen, sollte man seine digitalen Fühler ausstrecken, neue Netzwerke/Communities aufbauen und auch darüber Kontakte knüpfen.

Natürlich ist der berufliche Alltag eines Kommunikators überfüllt mit Terminen und täglichen To Dos. Wo bleibt da die Zeit, um sich mit neuen Technologien und digitalen Trends auseinanderzusetzen? (Das ist übrigens mitunter auch ein Grund für die Auslagerung digitaler Kommunikation und Maßnahmen an externe Dienstleister, wie Agenturen oder Freiberufler.)

Zeit ist kostbar und im Kommunikationsbereich oft eine Mangelware. Aber für bestimmte Dinge muss man sich die Zeit einfach nehmen. Digitale Kommunikation sollte nicht verschlafen werden. Auch bei Stephanie Tönjes stößt diese „Ausrede“ auf Unverständnis. Wie sie feststellt bewegen sich auch Journalisten vermehrt auf den sozialen Kanälen. Früher oder später wird man demnach keine andere Wahl haben als sich mit dem digitalen Neuland auseinander zu setzen.

 

Der Ort, an dem sich auch die Journalisten tummeln

An dieser Stelle möchte ich noch einmal auf Stephanie Tönje’s Journalisten-Statement eingehen. Denn es ist offensichtlich, dass sich auch Journalisten vermehrt in den sozialen Netzwerken tummeln. So zeigt beispielsweise eine Befragung der Agentur „PR von Harsdorf“, dass von 700 befragten Journalisten 85,7 Prozent der Wirtschaftsredakteure bereits beruflich auf Facebook und Twitter sowie mit 42,2 Prozent auf Xing aktiv ist. 71,4 Prozent der (Fach-)Redakteure unterschiedlicher Branchen nutzen Facebook, Twitter und Xing zur Positionierung und Recherche. Nur wenige IT-Redakteure greifen auf Kanäle wie Facebook (46,2 Prozent), Twitter (53,9 Prozent) und Fing (64,19 Prozent) zurück. Dennoch ist die Social-Media-Nutzung von Journalisten hoch.

Es scheinen also weniger die Journalisten zu sein, die dem Klischee der ewig gestrigen Online-Verweigerer entsprechen. Denn die meisten haben verstanden, das Social Media ein wichtiger Kommunikationskanal und eine wichtige Recherchequelle sind.

Wer Online-PR für sein Unternehmen erst nehmen und mit der eigenen Kommunikation dort Reichweite erzielen und sichtbar werden will, kommt um die Kontaktaufnahme mit Journalisten via Social Media nicht mehr herum. Und wer möchte schon als Online-Verweigerer abgestempelt werden …

 

Offene Haltung ist Voraussetzung für Erfolg digitaler Kommunikation

 

Mir fehlt hier eindeutig die Bereitschaft, offen für Neues zu sein. So wie die Welt sich weiterentwickelt, müssen wir doch auch mit der Zeit gehen. Warum hat man sich für diesen Beruf entschieden? Vermutlich, weil es einem Spaß macht, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, sich zu vernetzen, die Stimme zu erheben.
Stephanie Tönjes

 

Dieser von Stephanie Tönjes angesprochene Aspekt hat sich nun in den digitalen Bereich verlagert. Aber auch hier steht die Kommunikation zwischen den Menschen im Zentrum. Nur der Kanal hat sich geändert.

Aber auch wenn der Sinn und die Wirkung digitaler Kommunikationskanäle für die Öffentlichkeitsarbeit inzwischen unbestritten ist, zeigt eine Studie eher das Gegenteil: SAP-Chef Bill MCDermott ist der einzige CEO von 30 DAX-Konzernen, der selbst twittert. Nur jeder zehnte CEO nutzt Portale wie LinkedIn oder Xing.

Es wird noch einige Zeit brauchen bis das Bild, das Stephanie Tönjes in ihrem Artikel beschreibt, Realität wird: Vorstände, die eine entsprechende Haltung haben und ihre Social-Media-Accounts selbstständig führen, um sich darüber mit Stakeholder zu vernetzen und Botschaften zu versenden, die sie für wichtig erachten.

 

Warum PRler Social Media nutzen sollten

Im Folgenden eine Zusammenfassung der Vorteile, die Social Media für PRler haben:

  • Nicht nur neue Multiplikatoren wie Blogger oder Influencer sind leicht via digitalen Kanälen zu erreichen. Auch Journalisten nutzen vermehrt Social Media zur Kommunikation.
  • Kommunikation mit der eigenen Zielgruppe und den relevanten Stakeholdern ist eine der wichtigsten Kommunikationsaufgaben. Social Media erweitert die Ansprache- und Kontaktmöglichkeiten. Aus diesem Grund sollte man sich als Unternehmen auch auf digitalen Kanälen wie Facebook, Instagram, Snapchat, Xing und Co unterwegs sein.
  • Bereits die Unternehmenswebsite kann beim Aufbau von Reputation und Branding für ein Unternehmen nützlich sein.
  • Aber auch das eigene Personal Branding kann mithilfe des Social Web leicht und schnell ausgebaut werden.

Wer sich mit den Aspekten digitaler Kommunikation regelmäßig auseinandersetzt – und sei es nur durch die Beschäftigung mit den unterschiedlichen Social Media Kanälen – erlangt auch ein besseres Verständnis für die Veränderungen, die die Digitalisierung mit sich bringt.

50 weitere Gründe für die Nutzung von Social Media nennt Christian Müller auf seinem Blog.

 

Warum digitalaffine PRler keine Zeit für Social Media haben

Auch die Kollegin, Manuela Seubert, hat sich Gedanken zu der bestehenden Diskussion gemacht. Statt sich auf die Online-Verweigerer zu konzentrieren, hat sich Seubert auf die Kommunikatoren konzentriert, die gern mehr in der digitalen Kommunikation machen würden. Ein wichtiger Aspekt, denn schließlich sind es diese PR-Menschen, die neue digitale Kommunikationsideen in Unternehmen durchsetzen.

Die Ursachen, die Manuela Seubert nennt, warum Digital-Motivierte nicht zur weiteren Auseinandersetzung mit dem Digitalen kommen, sind zahlreich. Die drei für mich wichtigsten Gründe möchte hier noch einmal nennen

  • Wie bereits erwähnt haben Kommunikatoren einen vollen Terminkalender. Aus diesem Grund kann es auch sein, dass sie einfach keine Zeit haben, noch einen persönlichen Twitteraccount zu führen.
  • Genau so kann es aber auch sein, dass der digitalaffine Kommunikator schlichtweg die Hände mit den digitalen Kanälen und der digitalen Kommunikation des Unternehmens voll hat, für das er arbeitet. Er ist sich aktuellen Trends und Technologien bewusst, nutzt diese Kenntnisse aber eher für die Unternehmenskommunikation, teilt sie mit seinen Kollegen und nutzt sie nicht zu seinem persönlichen Vorteil.
  • Andererseits gibt es auch Arbeitgeber und Geschäftsführer, die die Social-Media-Auftritte des Unternehmens eigenständig betreut und es nicht gerne sieht, wenn Mitarbeiter selber twittern. In diesem Fall kann die gesamte Kommunikationsabteilung leider nicht so schalten und walten, wie man es in der heutigen digitalen Zeit sollte.

 

Social Media in den PR-Alltag einbauen

Was können digitalaffine und motivierte Kommunikatoren tun, um sich mehr mit der Digitalisierung auseinanderzusetzen und Aspekte wie Social Media in den PR-Alltag einzubauen?

 

Mobiles Arbeiten

Mobiles Arbeiten kann auf vielen Ebenen umgesetzt werden: Kommunikation via Messenger, Kommentarmoderation, Vorplanung von Postings, Auswertung von Benachrichtigungen, Beantwortung von E-Mails, aber auch die Aufnahme von Bildern, Videos oder Podcasts. So kann man das tägliche Pendeln zum Arbeitsplatz beispielsweise dafür nutzen, um mithilfe des Smartphones seine Social Media Aktivitäten zu planen und zu organisieren – Autofahrer sind selbstverständlich aus Sicherheitsgründe hiervon ausgenommen.

Welche Apps man hierfür verwendet muss jeder für sich entscheiden – nicht die beste App ist entscheidend, sondern die für einen am besten passt. Passende Applikationen für die Recherche von Informationen und relevanten Inhalten könnten beispielweise Refind, Feedly aber auch für die Branche passenden Nachrichten-Apps sein. Die Inhalte können dann direkt in den Apps der jeweiligen Social Media Kanäle geteilt oder mithilfe einer App eines Social Media Dasboards wie Buffer oder Hootsuite vorausgeplant werden.

 

Automatisierung

Automatisierung kann sinnvoll sein, wenn sie mit Maß und Ziel eingesetzt wird. Sie kann aber fehlendes Personal – und/oder fehlende Zeit – langfristig nicht ersetzen. Sinnvolle Automatisierung erlaubt zeitliche Flexibilität und unterstützt eine kontinuierliche Kommunikation. Kommunikationsteams sind in vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen unterbesetzt. Automatisierung kann diese kleinen Teams entlasten, die Arbeit zeitlich entzerren und sie flexibler machen. Darüber hinaus kann Automatisierung dabei helfen, Inhalte sinnvoll zu publizieren und so für kontinuierliche Aktivitäten zu sorgen.

Ein hiefür passender Workflow könnte folgendermaßen aussehen: Zunächst sucht man über Quellen wie Feedly, Refind oder in Social Media Kanälen nach aktuellen und relevanten Inhalten, diese können dann mit Tools wie Instapaper oder pocket an einem Ort digital gesammelt werden, im letzten Schritt plant man mit Social Media Dashboards wie Hootsuite, buffer oder etwa scompler Inhalte für einen bestimmten Zeitraum.

 

Podcasts

Podcasts sind Audioformate „on demand“ – Formate die man auf Abruf anhören kann. Man kann diese Audios herunterladen und hören, wann man will. Ein Podcast umfasst aber nicht nur ein einzelnes Video, sondern eine ganze Reihe von Audiodateien. Texte spielen heutzutage eine immer weiter untergeordnete Rolle. Audio- und Videoformate werden beim Konsumieren immer mehr bevorzugt. Stimmen wirken persönlich und erleichtern uns damit, eine Beziehung zu Inhalten und Geschichten aufzubauen. Mobile Audioformate und Podcast blühen derzeit gerade richtig auf Vorteil: Sie können auch offline konsumiert werden.

Kommunikatoren könnten Podcasts einerseits zur Recherche und Sammlung von interessanten und relevanten Inhalten verwenden. Andererseits könnten sie auch Apps wie Anchor verwenden, um sich mit anderen Leuten zu vernetzen und eigenständig kurze Audio-Aufnahmen zu einem bestimmten Thema abzusetzen. Das umständliche lesen und planen von Artikeln und Blog-Beiträgen fällt damit weg. Innerhalb von kurzer Zeit kann neues gelernt oder der eigene Inhalt schnell verbreitet werden.

 

Das sind natürlich nur einige Optionen, Social Media in einen hektischen und durchgeplanten Arbeitsalltag im PR-Bereich zu integrieren. Wer bisher noch nicht gestartet ist, muss sich jedoch keine Sorgen machen. Auch kleine Schritte helfen bereits dabei, Social Media nach und nach zu verstehen.

Entscheidend ist die Offenheit für neue Kommunikationswege und die Bereitschaft, neues zu lernen. Wie in der Kommunikation sonst auch.