Eine subjektive Stellungnahme, ob Content in der heutigen Gesellschaft inflationär bereitgestellt und konsumiert wird. Was wäre eine wünschenswerte Alternative?

In meinem Berufsalltag stellt sich mir zwangsläufig die Frage, wohin uns der Umgang mit Content, so wie wir ihn derzeit in unserer Gesellschaft pflegen, in Zukunft führen wird.

Was ich konkret damit meine, ist der Umstand einer mittlerweile unglaublich großen Massenproduktion an News, Informationen und Unterhaltung via Web, Social Media und Blogs, TikTok, TV-Shows und Fernsehserien.

Und ja, ich schließe hier bewusst alle Arten von Medien ein, egal ob Marketingbotschaft, soziales Netzwerk, Journalismus oder Film- und Unterhaltungsindustrie.

Unser Schrei nach Berieselung durch (schlechten) Content

Ich finde, dass wir an einem Punkt angekommen sind, wo Content inflationär bereitgestellt und konsumiert wird. Wir schreien förmlich danach, im Sekundentakt mit Informationen oder Unterhaltung beworfen zu werden.

Wir haben es verlernt, einen Zustand von Langeweile, Nichtstun oder Ruhe auszuhalten. Lieber greifen wir zum Handy und lassen uns davon berieseln.

Keine Frage, dass unsere moderne Schnelllebigkeit und all die verfügbaren digitalen Medien großen Einfluss auf derlei Entwicklung in der Vergangenheit hatten. Unsere persönliche Einstellung – oder besser gesagt, unser aller „Bereitschaft“, hat sich maßgeblich neu orientiert.

Ich bin jedoch auch der Meinung, dass Methoden des Marketings und technische Errungenschaften einen großen Teil dazu beigetragen haben.

Wir haben es verlernt, einen Zustand von Langeweile, Nichtstun oder Ruhe auszuhalten. Lieber greifen wir zum Handy und lassen uns davon berieseln.

Madeline Kolletzki

Reizüberflutung und Geistlosigkeit soll jetzt also der Normalzustand sein?

All das führt mich zu einem Kernpunkt: Und zwar, ist das der Druck auf Marketer, Content Creator, Journalisten, Schriftsteller, Dramaturgen und alle anderen Berufsgruppen (ich fasse sie im Folgenden der Einfachheit halber als Content Produzenten zusammen).

Der Schrei nach Medien in unserer Gesellschaft zwingt uns dazu, immer schneller und in größeren Mengen Content zu produzieren, häufig zu Lasten der Qualität. 

Wenn ich durch Social Media swipe oder durch die diversen Streaming-Anbieter bin ich überfordert ob der schier endlosen Bandbreite. Wo soll man da anfangen? Es ist Reizüberflutung par excellence. Doch eines fällt mir auf: Hinter der vermeintlichen Vielfalt verbirgt sich gar nicht so viel Kreativität, Individualität oder etwas bahnbrechend Neues.

Ich sehe häufig irgendwelche banalen und nichtssagenden Posts oder Neuauflagen bekannter und beliebter Filme. Seien wir mal ehrlich: Häufig ist es ein und dasselbe, bloß in neuem Gewand verpackt

Soll uns das nun wirklich glücklich machen? Ich denke nicht. Aus der Perspektive des Content Produzenten gesprochen, kann ich sagen, dass das, was von uns gefordert wird, und am Ende rauskommt, häufig leider nichts mehr ist, womit wir uns identifizieren können – worauf wir stolz sein können oder womit wir ruhigen Gewissens im „Reinen“ sein können.

Quantität und Masse lassen wenig Platz, um Talent unter Beweis zu stellen oder wahrem Erfindergeist den nötigen Raum zu geben. Dank KIs und Textgeneratoren kommt es sogar noch dicker, denn die sind noch viel besser darin, geistlose und austauschbare Inhalte zu produzieren. Schöne neue Welt oder so etwas ist das wohl…

Quantität und Masse lassen wenig Platz, um Talent unter Beweis zu stellen oder wahrem Erfindergeist den nötigen Raum zu geben. Dank KIs und Textgeneratoren kommt es sogar noch dicker, denn die sind noch viel besser darin, geistlose und austauschbare Inhalte zu produzieren.

Madeline Kolletzki

Aber: Es gibt ihn noch, den guten Content!

Ich wünsche mir häufig, dass wir wieder zu einem Zustand zurückkehren, in dem wir sparsamer mit Content umgehen. Ich verstehe darunter einerseits einen bewussten Medienkonsum, bei dem es weniger um Beschallung und mehr um Genuss geht, und andererseits Anforderungen an die Content-Produktion, die wieder mehr Zeit und Muße einräumen, um unserer Kreativität freien Lauf zu lassen. 

Denn mal ernsthaft. Brauchen wir wirklich den 101:

  • Influencer, der uns sein ach so glamouröses Leben vortanzt und Produkte schmackhaft macht, die letztlich eh nur im Müll landen?
  • Brauchen wir neue Adaptionen von beliebten Disney-Klassikern oder das Unternehmen XY, das sich – wie alle anderen im B2B – ohne eigenen Einfallsreichtum promotet?
  • Und mal im Ernst: Wer soll sich denn bitte schön all die (unterschiedlich lebensbereichernden) Podcasts anhören? 

Ich habe für mich selbst die Konsequenz gezogen, meinen persönlichen Medienkonsum weitestgehend runterzuschrauben, indem ich bewusst auswähle, welchen Personen und Accounts ich meine Aufmerksamkeit schenke.

Schließlich ist es immer noch meine Lebenszeit und auch meine Nerven, die ich dafür hergebe, und die will ich sinnvoll mit „gutem“ Content verbringen. 

Beispiele für guten Content

Glücklicherweise gibt es dafür immerhin noch einige Beispiele. Ich denke da beispielsweise an hallo-island.de, urbestself.de, yogiveda.de oder @asasteiners auf Instagram und @mindsettogrow auf Tiktok.

Aber auch Unternehmen wie OBI mit seinem “Create by OBI”-Blog oder EDEKA auf Instagram machen einen guten Job. 

Sie alle haben in meinen Augen zwei Sachen gemein: 

  • Content ist bei ihnen nicht ein x-beliebiger Platzhalter im Redaktionsplan, um in der Öffentlichkeit hin- und wieder ein bisschen mitzumischen. 
  • Nein, sie wollen Menschen da draußen durch ihren Content mitreißen, sie mit ihrer Passion und Leidenschaft anstecken. Und oh Wunder, damit scheinen sie recht erfolgreich zu sein. Allein daran sieht man doch: Es zahlt sich aus! 

Und warum? Weil es glücklicherweise noch immer genügend Menschen gibt, denen Inhalte von „echten“ Menschen lieber sind als von KIs oder irgendwelchen Fake-Produzenten. Weil man aufwendig recherchierten Content nach wie vor wertzuschätzen weiß. Wir erkennen, wann sich Mühe gegeben wurde und wann nicht.

Wo Herzblut und Überzeugung drinsteckt oder bloß der schnelle Erfolg und das einfache Geld angepeilt werden. 

Wir picken uns den bereichernden Content liebend gerne aus dem Strudel an „Bullshit“ heraus und honorieren ihn ganz von selbst. Zwei Fliegen mit einer Klappe, denn das Thema Performance und Reichweite wird dann seltsamerweise (oder auch nicht) zum Selbstläufer. Das verstehe mal einer…

Ich habe für mich selbst die Konsequenz gezogen, meinen persönlichen Medienkonsum weitestgehend runterzuschrauben, indem ich bewusst auswähle, welchen Personen und Accounts ich meine Aufmerksamkeit schenke.

Schließlich ist es immer noch meine Lebenszeit und auch meine Nerven, die ich dafür hergebe, und die will ich sinnvoll mit „gutem“ Content verbringen. 

Madeline Kolletzki

Digital Native und doch gegen “Massen-Content-Konsum”

Ich bin in dieser Welt groß geworden – als sogenannter Digital Native, als Millennial. Also müsste ich es eigentlich nicht anders kennen, oder? Und doch bin ich unzufrieden und überfordert mit dem Status Quo. 

Vor allem, wenn ich an die Zukunft denke und mir vorstelle, was noch alles kommen mag. Ich bin nicht die Einzige in meiner Generation, die so empfindet.

 

Sollte das nicht Grund genug geben, um uns ernsthaft zu fragen, ob etwas schiefläuft?

Wenn jetzt sogar schon die „Jugend“ ihre Zweifel hat und anfängt, sich von alledem zu distanzieren? 

Madeline Kolletzki

Über die Kommentatorin

Madeline Kolletzki

Madeline Kolletzki

Als studierte Germanistin, Literatur- und Kommunikationswissenschaftlerin liegt Madelines Leidenschaft in authentischer und emotional-ergreifender Kommunikation. Sie ist Redakteurin für Print und Online, PRlerin, Marketing Managerin, Kommunikationsexpertin und schreibt für ihren eigenen Blog. Auf dem schreibt sie über ihre Reisen, Erlebnisse mit Yoga und Meditation, die neuesten literarischen Glanzstücke oder über alles andere, was sie sonst noch so bewegt.