Wer Orientierung zu Visual Storytelling sucht, liegt mit dem Buch von Pia Kleine Wieskamp vermutlich richtig. Beachte aber vorab die folgenden Dinge.

Zum Thema Visual Storytelling gibt es bereits eine Vielzahl von Artikeln und Blog-Beiträgen. Viele gute Bücher gibt es aber nicht. Wer aktiv in seinem Business Geschichtenerzählen will, sollte sich das eine oder andere Werk durchlesen. Anhand anschaulicher Beispiele, Tipps und Tricks lernt man bekanntlich am besten. Zum Erzählen guter Geschichten braucht man aber noch mehr: Einen Plan, eine durchdachte Struktur, einen roten Faden und einen authentischen Protagonisten. Schließlich soll die Geschichte bestmöglich auf die eigene Zielgruppe zugeschnitten sein – sie soll sich mit dem Helden deiner Geschichte im besten Fall identifizieren. So viel zur Theorie. In der Praxis scheitert man allzu oft an der Umsetzung. Denn beim Geschichtenerzählen kann man sehr viel falsch machen.

Wie praktisch wäre also so ein dicker Wälzer, in dem man alles rund um Visual Storytelling und Storytelling erfahren kann – angefangen von der Theorie bis hin zu Best Practices? Ist das aktuelle Buch von Pia Kleine Wieskamp genau dieses Buch? Ich würde sagen „Jaein“. 🙂 Wie ich zu dieser Antwort komme, erkläre ich dir im Lauf der folgenden Rezension.

Hinweis I: Natürlich darf der Hinweis nicht fehlen, dass es sich bei der Ausgabe, die ich für die Buchrezension verwende, um ein  Rezensionsexemplar handelt. Der Carl Hanser Verlag München und Pia Kleine Wieskamp waren so nett, mir eines zur Verfügung zu stellen. Damit sind keinerlei Auflagen verbunden – der Verlag hat auch keine gestellt. Meine Rezension basiert auf meiner eigenen – nicht beeinflussten – Meinung.

Hinweis II:  Ja ich weiß, ich habe zum Thema Sketchnotes – und witzigerweise Graphic Recording – etwas zu diesem Buch beigetragen. Aber das nicht der Grund, warum ich eine Rezension schreibe. Es gibt viele Bücher zum Thema Storytelling – die guten kann ich an einer Hand abzählen. Umso wichtiger ist es also, auf die lesenswerte Bücher hinzuweisen. 😉

Über die Autorin

Ich würde Pia als Quereinsteigerin beschreiben: Sie studierte Kunst, Kunstgeschichte und Pädagogik.

Mittlerweile ist sie als Autorin tätig und trainiert Firmen, Fach- und Führungskräfte in den Themen Digitale Kommunikation und Marketing. Sie beschäftigt sich aber auch mit vielen weiteren Themen – ansonsten wäre dieses Buch ja auch nicht zustande gekommen ;-). Dazu zählen Storytelling, Visual Storytelling, Social Media in PR und Marketing.

Über die Jahre hat sie aber auch berufliche Erfahrungen als PR- und Marketingmanagerin, Bloggerin, Journalistin und Redakteurin für TV, Magazine und Verlage. Weitere Details zu ihr findet ihr im Buch, im Web oder auf ihrer Website . 😉

 

 

Aufbau und Ziele des Buchs im Querformat

Das Erste, was dir auffallen wird, wenn du das Buch in die Hand nimmst, ist das Querformat. Anders als die meisten Fachbücher. Sehr praktisch, denn so kann man – finde ich – schneller und einfacher durch die Seiten blättern, wenn man etwas bestimmtes sucht.

In 11 Kapiteln erklärt Pia,

  • was Visual Storytelling ist,
  • wie es funktioniert,
  • welche wichtige Rolle visuelle Kommunikation und Bildsprache hierbei spielen,
  • wie man methodisch an die Erstellung einer Geschichte geht,
  • welche visuelle Plattformen, Medien und Werkzeuge man kennen sollte
  • und bietet viele Checklisten, Tipps und Material zum Downloaden an.

Bei „Visual Storytelling im Business“ handelt es sich also nicht nur um ein Fachbuch. Ich würde es sogar als Nachschlagewerk bezeichnen, weil wirklich alles drin steht, was man rund um das Thema Visual Storytelling wissen sollte.

Ein weiterer Pluspunkt: Pia kommt nicht nur selbst zu Wort. Sie hat für jedes Kapitel einen oder mehrere Experten dazu gezogen und sie interviewt. Wissenslücken werden so geschlossen und die Perspektive rund um Visual Storytelling durch weitere Sichtweisen erweitert.

Wer sollte das Buch lesen? Es bietet einen guten Einstieg für Storytelling-Anfänger. Das Buch eignet sich auch prima als Nachschlagewerk. Kommunikatoren und Marketer, aber auch alle, die sich für das Thema interessieren, können viele ihrer Visual-Storytelling-Fragen hiermit beantworten.

 

Kapitel 2 und 3: Grundlagen visueller Kommunikation

Im zweiten Kapitel erklärt Pia im Detail, warum Bilder für den Menschen wichtig sind und was Storytelling und Visual Storytelling sind. Besonders für Anfänger, die sich mit den unterschiedlichen Begriffen schwer tun, sind diese Definitionen in der Einführung hilfreich.

Bilder ermöglichen es dem Menschen seine Umwelt und sein Weltbild zu definieren.

Im dritten Kapitel geht es um die Kraft und Macht von Visuals sowie ihre Wirkung auf den Menschen. Die Aufzählung unterschiedlicher Bildtypen finde ich hier sehr praktisch. Denn allzu oft verwechseln wir die unterschiedlichen visuellen Elemente miteinander.

Es gibt

  • optische (Spiegel und Projektionen),
  • grafische (Gemälde und Statuen),
  • geistige (Träume, Ideen oder Erinnerungen),
  • perzeptuelle (auf Sinnesdaten basierende) und
  • sprachliche (Metaphern oder Beschreibungen) Bildtypen / Bilder.

Wer sich mit der Begriffswelt bereits auskennt, kann diese Kapitel überspringen.

Leseempfehlungen:

 

Kapitel 4 bis 6: Visual Storytelling Basiswissen

Wer sich schon immer mal gefragt hat, was die Elemente des Visual Storytellings sind oder was es bei Bildsprache und Bildstil zu beachten gibt, sollte sich unbedingt das vierte Kapitel aufmerksam durchlesen. Visuelle Ordnungs- und Gestaltungsprinzipien kennen einige Marketer vielleicht auch schon aus dem Buch „Content Design“ von Robert Weller und Ben Harmanus. Hier werden sie (nur) kurz angerissen. Dafür geht die Autorin auch auf die Wahrnehmung und die Psychologie von Farben, aber auch auf die Bedeutung von Typografie und Schrift ein.

Die „Erfolgsfaktoren einer starken Bildsprache“ und die „Tipps, um eine eigene Bildsprache aufzubauen“ sind gute Stützen für die ersten eigenen visuellen Gehversuche. Auf der Suche nach einer kurzen Erklärung oder Anleitung für einen Brand Styleguide? Dann wird der Suchende in Kapitel 4.4. fündig.

Wer sich noch in einem frühen Projektstadium befindet, für den eignet sich vielleicht auch ein Moodboard. Dieses stellt eine bunte Ideensammlung dar, mit dem sich einige einfache Fragen – Wofür steht meine Geschichte? Welche Kernbotschaft will ich vermitteln? – bereits beantworten lassen.

Das fünfte Kapitel: Piktogramme, Icons, Emojis, Emoticons

Mit all diesen Elementen können wir visuell kommunizieren. Und doch weisen sie erhebliche Unterschiede – und manchmal auch Funktionsweisen – auf. Im fünften Kapitel werden die Unterschiede, Funktionen und Gemeinsamkeiten erklärt:

  • Piktogramm: Ein einzelnes allgemein verständliches Bildsymbol.
  • Icon: Reduzierte oder minimalisierte Symbole eines Objektes.
  • Emoticons: Icons und visualisierte Gefühlsbekundungen.
  • Emoji: Oder Ideogramm, das symbolisch für einen Begriff steht.

Wofür die ganzen Begrifflichkeiten sinnvoll sind? Viele weitere Bücher und Artikel zum Thema visuelle Kommunikation und Visual Storytelling sind verständlicher. Du kannst die richtigen Begriffe verwenden, wenn du Briefings für Kreative schreibst – denn dann sprichst du ihre Sprache und hast vielleicht nicht das Gefühl, dass ihr aneinander vorbeiredet.

Das sechste Kapitel: Geschichten erzählen ist …

Es stimmt schon, die Kapitelüberschrift lässt viel Interpretationsfreiraum. Tatsächlich beschäftigt sie sich aber mit dem Erzählen von Geschichten, was du dabei beachten musst und welche Strukturen Geschichten haben können. Praktisch, denn nicht jede Struktur funktioniert für jede Geschichte. Wer die fünf Akte einer Geschichte bereits kennt, kann vielleicht weitere Grundelemente in seine Story einbauen – Pia liefert acht weitere Elemente, mit denen man seine Stories anreichern kann. In diesem Buch findet man aber auch viele weitere Modelle, die sich sicherlich adaptieren lassen.

Du weißt nicht, wer der Held deiner Geschichte sein soll? Oder du weißt noch nicht, welches Problem oder welche Herausforderung dieser zu meistern hat? Hierfür hat Pia eine Liste mit den wichtigsten Archetypen erstellt. Du kannst zwischen verschiedenen Typisierungen wählen und so sichergehen, dass deine Zielgruppe einen einfachen und schnellen Zugang zu deinem Helden hat.

Wer Text, Bild, Ton, Animation und/oder Film miteinander kombinieren und so Geschichten erzählen will, den könnte erweitertes Geschichtenerzählen in Form von Storydoing, Storyliving oder Storyscaping interessieren. Die Autorin erklärt die einzelnen Begriffe und nennt Beispiele für diese – meiner Meinung nach – noch jungen Storytellingformate.

Leseempfehlungen:

 

Kapitel 7 bis 9: Methoden, Formate, Tools und Trends visueller Geschichten

Das siebte Kapitel zeigt dir, wie du mithilfe von einer Analyse, dem Design-Thinking-Prozess, eines Story-Bauplans und der Erstellung von Personas eine gute Geschichte erzählst. Diese einzelnen Elemente greifen ineinander – das wird dir auch beim Lesen auffallen. Dementsprechend ist das Kapitel auch aufgebaut. Wenn man diesen Umstand im Hinterkopf behält, kann man diesen Abschnitt leichter lesen. Ansonsten ist es etwas mühselig – aber dennoch machbar.  😉

Was steckt im achten Kapitel?

Genau das, was darauf steht: Formate und Tools visueller Geschichten. Hier wird dir erklärt, wie du deine Geschichten erzählen kannst – analog, digital, visuell, multimedial oder transmedial. Insbesondere wird darauf eingegangen, wie Stories mit Fotos und Bildern erlebbar gemacht werden kann und worauf man dabei achten sollte. Auch Videos und Live-Stories werden mit passenden Beispielen beschrieben – die eine oder andere Checkliste gibt es auch. Wer sich auf Video-Storytelling spezialisieren will, findet weiterführende Bücher auf Amazon, weitere Beiträge und Experten per Suchmaschine. Warum Video nicht detaillierter behandelt wird? Meiner Meinung nach, sollte man Bilder und Fotos sowie deren Besonderheiten und Funktionsweisen zunächst verstehen und einsetzen lernen, bevor man sich mit komplexeren Elementen, wie dem Video-Storytelling, beschäftigt.

Das neunte Kapitel: Trends und Plattformen unter der Lupe

Trends können in Büchern immer nur eine Momentaufnahme sein. Denn diese verändern sich ständig weiter. Derzeit ist die Momentaufnahme aber immer noch sehr praktisch. Die ausführliche Übersicht über bekannte Online-Plattformen und -Kanäle für Visual Content. Passend zu den Kanälen werden einige Beispiele genannt. Das neunte Kapitel eignet sich für diejenigen, die auf der Suche nach Inspiration sind oder sich schon immer gefragt haben, welche visuellen Inhalten sich auf dem einen oder anderen Kanal am besten eignen.

Leseempfehlungen:

 

Kapitel 10: Unusual Business mit Visual Storytelling

Aber wie passt denn Storytelling nun ins Business? Eine gute und berechtigte Frage. Der Antwort zu dieser Frage, hat Pia ein ganzes Kapitel gewidmet. Sie widerlegt das Argument, dass man keine gute Geschichte zu erzählen hat.

Und sie zeigt, wie man auch schon der richtigen Präsentation eine visuelle Geschichte über sein Business erzählen kann – praktisch, wenn man beispielsweise (ohne WIFI) unterwegs ist oder auf einer Veranstaltung sein Unternehmen, seine Marke, seine Dienstleistung oder sein Produkt präsentieren will. Denn nichts langweilt Zuhörer und Zuschauer mehr als eine schlecht gemachte Power-Point-Präsentation.

Leseempfehlungen:

 

Arbeitshilfen: Design-Thinking-Methode und digitale Arbeitshilfen

Zunächst muss ich anmerken, dass ich mich sehr darüber freue, dass bereits auf der ersten Seite auf die E-Book-Version hingewiesen wird. Dies kann man sich nach einmaliger Registrierung seines Buchcodes kostenlos herunterladen.

Der Story-Bauplan, der an den Design-Thinking-Prozess angelehnt ist, wird äußerst detaillierst beschrieben. Man sollte sich Ruhe und Zeit nehmen, um alle Schritte zu verstehen und nachzuvollziehen, denn das Thema ist komplex. Das System bietet aber – Design-Thinking-typisch – viel Flexibilität: Wer mit dem einen oder anderen Schritt nichts anfangen kann, kann das vorhandene System anpassen und erweitern bis es zu den eigenen Bedürfnissen passt.

Auch die anderen Arbeitshilfen sind praktisch. Vor allem dann, wenn man dabei ist, eine Geschichte zu planen und aufzubauen, können die einzelnen Dokumente eine gute Hilfe sein. Ja, die Website – wie sie im Buch steht – funktioniert nicht. Diesen Umstand haben einige Kritiker bereits bemängelt. Was hält einen Menschen mit gesundem Menschenverstand davon ab, einfach einer der zahlreichen Suchmaschinen zu nutzen oder die Adresse anzupassen? Dann funktioniert die Website problemlos: https://story-baukasten.de/storytelling-downloads/

Leseempfehlungen:

 

Fazit: Nachschlagewerk für Visual Storytelling

Ich bezeichne das Buch bewusst als Nachschlagewerk: Es deckt alle wichtigen Grundlagen ab, die man über das Thema Visual Storytelling kennen sollte.

Ins „Tun“ muss man aber aus eigener Motivation heraus kommen. Das Buch nimmt einen nicht die ganze Arbeit ab. Es nimmt dich nicht an die Hand und erklärt dir alles Schritt für Schritt – manche Dinge wie den Design-Thinking-Prozess aber schon. Vieles muss man selbst ausprobieren, testen, optimieren, um so herauszufinden, was für Unternehmen, Marke oder Personal Brand am besten funktioniert.

Es gibt einem sehr viel Inspiration, Motivation, Beispiele und Tipps mit auf den eigenen Storytelling-Weg.