Hinter dem vierundzwanzigsten Türchen verbirgt sich Hilge Kohler. Sie erklärt dir, warum Kreativität keine Frage von Geld und Reputation ist.

 

Über die heutige Inputgeberin

 
Hilge Kohler

Hilge Kohler

Hilge Kohler schreibt Reden, unterrichtet journalistisches Schreiben und analysiert Redeauftritte. Seit 30 Jahren arbeitet sie im Journalismus und der PR, seit 15 Jahren als Selbstständige. Ihre Spezialität: CEO-Reden, Storytelling und Online-Auftritte.

 

Vernetze dich mit Hilge via Website: https://www.hilgekohler.com/

 

Warum Kreativität keine Frage von Geld oder Reputation ist

Spielt Kreativität in deinem Job eine Rolle?

Ohne Kreativität sähe es bei mir düster aus: Langweilige Reden, Texte ohne Storyline oder Spannungsbogen, Seminare so lustlos, dass die Teilnehmenden einschlafen. Also: Ja, Kreativität ist der Mutterboden meiner Arbeit.

 

Hast du 2 Tipps oder Methoden, um deine Kreativität anzuregen?

Aber gern! 

Beim Schreiben kann der Wortschatz nie groß genug sein. Ein kleines Wortschatztraining wirkt oft Wunder. Zum Beispiel mit der Wortkette als Teamübung.

Das geht so: Ich nenne ein zusammengesetztes Wort. Du nimmst den zweiten Wortteil und hängst ein neues Wort dran. Dann bin ich wieder dran, und so weiter. Ein Beispiel: 

Ich: Bauern-Hof. 

Du: Hof-Laden

Ich: Laden-Zeile

Du: Zeilen-Honorar

Ich: Honorar-Liste

Du: Listen-Preis

Ich: Preis-Wert

du: Wert-Papier

Ich: Papier-Fabrik

…und so weiter, bis wir keine Lust mehr haben. 

Tipp: Schnell geht vor richtig. Nicht lange überlegen, sondern die erstbeste Wortkombi nennen. Das weckt kreative Geister. Die Übung eignet sich übrigens auch gut als Muntermacher nach der Mittagspause. 

 

Die zweite Methode hilft gegen Schreibhemmungen. Die Angst vor dem weißen Blatt – wer kennt sie nicht? Aber mit ein wenig Training ist sie leicht überwunden. 

Die Methode ist einfach: Nutze Satzanfänge oder “Prompts”. Vervollständige den Satz und schreibe einfach weiter, ohne den Stift abzulegen. Denke nicht darüber nach, WAS du schreibst, sondern schreibe das Erstbeste, das dir in den Kopf kommt. Wenn dir nichts einfällt, ziehe Kreise oder Schlangenlinien – aber bewege den Stift. 

Warum funktioniert das? Weil Denken und Handbewegung im Hirn nah beieinander liegen. Wenn wir den Stift kreisen lassen, kommen unsere Gedanke in Schwung. 

Du kannst simple Prompts nutzen wie: “Wenn ich an xy denke, dann…”. Oder: “Heute will ich…”. Wer es kreativer mag, nimmt Story Prompts, zum Beispiel: “Als das Auto um die Ecke bog,…” oder “Die beiden schauten sich die Augen und…”.

Tipp: Schalte den inneren Kritiker auf stumm. Alles, was du schreibst, ist gut. Hauptsache, du fängst an zu schreiben.  

 

Wie nimmst du Kreativität derzeit in deiner Branche wahr?

Kreativität braucht den Mut zu scheitern. Und der ist, naja, nicht in allen Unternehmen ausgeprägt. In der PR ist Kreativität oft Agentursache nach dem Motto: In Unternehmen wird gemanagt und organisiert, während Kreativleistungen über Agenturen eingekauft werden. 

Der Haken: Wenn in solchen Unternehmen das PR-Budget fehlt, leidet die Kreativität. Dann werden Pressemitteilungen verschickt, Medienbriefings organisiert, Zeitungsartikel gesammelt und mehr nicht. 

Dass es auch anders geht, erlebe ich in meinen Seminaren. Da treffe ich PR-Profis aus Unternehmen, von denen ich noch nie gehört habe. Und sie leisten Top-Arbeit, haben den Rückhalt ihres Managements, dürfen auch mal auf die Nase fallen und bringen ganz kreative Dinge hervor. Ich finde das beruhigend: Kreativität ist keine Frage von Geld oder Reputation, sondern kann überall aufblühen. 

 

Würdest du dir mehr Kreativität wünschen?

Mehr Kreativität wäre toll – und ist machbar. Die PR wandelt sich von reinen Pressestellen hin zu Medienschaffenden. Dieser Wandel ruft nach kreativer Arbeit: PR Content entwickeln, Themen besetzen, Diskussionen mitgestalten. 

Für Nachwuchskräfte sind das gute Nachrichten. Ich erlebe so viele junge PR-Kräfte, die Lust haben, etwas auszuprobieren und zu gestalten – und die das auch können. Wenn sie in ihren Unternehmen und Agenturen den Raum und Rückhalt bekommen, dann stehen der PR-Branche kreative Zeiten bevor.