Hinter dem sechszehnten Türchen verbirgt sich Mareike. Sie berichtet dir von ihren Erfahrungen als mitarbeitende Führungskraft in Remote-Zeiten.

 

Über die heutige Inputgeberin

 
Mareike Lüken

Mareike Lüken

Leiterin Product Sales & Marketing bei Scheidt & Bachmann

Ich arbeite als Leiterin Product Sales & Marketing bei Scheidt & Bachmann, einem Familienunternehmen, das Technologielösungen für die Mobilitätsbranche entwickelt. Außerdem engagiere ich mich als Co-Gründerin des Women in Mobility Hub Rhein-Ruhr, als Co-Gründerin eines unternehmensinternen Frauennetzwerkes sowie als Initiatorin des #TwitterTeamNRW für die Förderung von Frauen, menschenfreundliche Mobilität und eine positive Gestaltung der digitalen Zukunft. Ich habe Kommunikationswissenschaften, Soziologie und VWL an der RWTH Aachen studiert und bin seit mehr als 10 Jahren im Bereich B2B-Kommunikation und Marketing tätig.

 

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Über ihre Tätigkeit als Führungskraft

Wie hat sich deine Arbeitsweise in diesem Jahr verändert?

Meine Arbeitsweise hat sich nicht wirklich verändert: Ich arbeite wie in den letzten Jahren auch teamorientiert, strukturiert, kollaborativ und engagiert. Und dank der Tools, die wir nutzen, kann ich remote unter den gleichen Bedingungen arbeiten wie im Büro.

Aber ich habe in der Zusammenarbeit mit meinen Kolleg:innen und in meiner Rolle als (mitarbeitende) Führungskraft wichtige Veränderungen erlebt. So haben wir gemerkt, wie wichtig tägliche Gespräche für die Zusammenarbeit sind: Seit März treffen wir uns zweimal am Tag per Videocall zum „Daily“; morgens das deutsche Team, nachmittags international. Heute sind die Dailies die Grundlage für die erfolgreiche Teamarbeit und das Team nutzt die täglichen Gespräche, um Aufgaben und Projekte selbst aktiv zu organisieren, voranzutreiben und umzusetzen. Die Zusammenarbeit war noch nie so eng, erfolgreich und transparent. Ich glaube, dass Dailies vor allem dann erfolgreich sind, wenn die Akteure wirklich zusammenarbeiten, gemeinsame Projekte oder verzahnte Verantwortungsbereiche haben. Für größere Gruppen erlebe ich, dass wöchentliche Gespräche zielführender sind – hier geht es dann weniger um die Besprechung kleinteiliger Details, sondern vor allem um Transparenz und dass alle gut informiert sind. Ich selbst habe gelernt, wie wichtig es ist, dass ich als Führungskraft wirklich loslasse.

Bei schwierigen Aufgaben wollte ich meine noch recht unerfahrene Kollegin gerne unterstützen und entlasten, weil sie bereits eine hohe Arbeitslast hatte und es bei mir schneller erledigt war. Erst als ich es selbst nicht mehr leisten konnte und gezwungen war, auch die schwierigen Projekte ihr zu überlassen, habe ich verstanden, dass ich sie dadurch nicht gefördert, sondern ihre Entwicklung gebremst hatte: Sie hat nun nochmal so einen großen Sprung gemacht und bringt richtig tolle Ergebnisse – und fragt, wenn sie meine Unterstützung braucht. Das ist so eine wichtige Erkenntnis. Neben diesen zwei Beispielen gibt es zahlreiche kleinere Learnings und Impulse, die sicher alle langfristig zu einem Veränderungsprozess in meiner Arbeitsumgebung beitragen: Die selbstverständliche Nutzung von Videocall statt Festnetz, Einführung von Collaboration-Tools, Raum für persönlichen Austausch (virtuell und analog), Zusammenarbeit über starre Strukturen hinweg, fluide Teams. Nicht zuletzt merke ich, dass ich mit meinem sehr offenen, gleichberechtigten und transparenten Führungsstil zu denen gehöre, die während der letzten Monate keinerlei Probleme in der Zusammenarbeit hatten.

 

Hast du spürbare Veränderungen in deiner Branche gesehen – gute oder schlechte?

Die Veränderungen in der Mobilitätsbranche sind massiv und besorgniserregend. Die Fahrgastzahlen des öffentlichen Verkehrs (öV) sind nach wie vor erschreckend gering – ein Einbruch, der vor allem angesichts des klimatischen Wandels verheerend ist. Grade im Hinblick auf die Klimakrise und die zunehmende Urbanisierung ist die Stärkung des öV wichtig. Im Bereich der Ticketingtechnologie ist in den letzten Monaten die Nachfrage nach kontaktlosen Ticketingsystemen deutlich gestiegen. Ich denke, dass die Pandemie hier die Digitalisierung insgesamt deutlich beschleunigen und stark vorantreiben wird. Das ist für uns als Technologiepartner der Branche natürlich grundsätzlich positiv und wir können mit unseren Lösungen dazu beitragen, das Vertrauen der Fahrgäste in den öV zu stärken.

Im Marketing haben wir die Verlagerung der Kommunikation ins Digitale bereits weitgehend vollzogen. Richtig spannend finde ich die Frage, wie sich Fachkonferenzen und ganz besonders Messen zukünftig entwickeln werden. Während Konferenzen ihr Programm auf digitale Teilhabe anpassen müssen, stehen Messen vor der Herausforderung völlig neue Lösungen denken zu müssen, um Begegnungen und Produkte nicht nur virtuell erlebbar zu machen, sondern um Besucher virtuell zu begeistern. Daher blicke ich mit großer Neugier auf die Veränderungen, die wir in den nächsten Jahren im Messegeschäft erleben werden.

 

Wie hast du dieses Jahr – trotz des Chaos – Inspiration, Kreativität und/oder Produktivität –wieder– finden können?

Da unterscheidet sich dieses Jahr bei mir gar nicht so sehr von anderen Jahren. Inspiration finde ich überall – ein Gespräch, eine Zeichnung, ein Text, Reflexion meiner Erlebnisse, Austausch mit anderen, alles was ich sehe und höre. Was mich irgendwie bewegt, halte ich fest und versuche mir darüber klarzuwerden, was daran mich berührt hat. Was ist der emotionale Faktor und wie kann ich das für mein Projekt nutzen und umsetzen? Kreativ werde ich, wenn ich genug Leere habe, um diese Inspirationen mit meinen Projekten zu verbinden und frei zu assoziieren.

Die Gedanken müssen frei wirbeln können. So kommen mir zum Beispiel beim Joggen immer tausend Ideen (und darum laufe ich auch gerne alleine und ohne Musik/Podcast) oder wenn ich mit dem Rad unterwegs bin. Daher sind meine wichtigsten Tipps: Wenn dich etwas freut oder begeistert, dann nimm das ganz aktiv wahr. Versuche zu ergründen, was genau der ausschlaggebende Faktor war, was dich daran fasziniert hat. Und dann verschaff dir Momente, in denen du einfach nichts tust und keine Aufgabe hast, nicht berieselt wirst, keinen Input bekommst – leerer Raum, der es dir erlaubt, dass deine Gedanken ziellos schweifen können.